Amateurfunk, was ist das?

Was ist Amateurfunk?

Die Welt in der wir leben wird immer komplizierter und teilweise undurchschaubarer. Es gibt viele Dinge, deren Wirkungsweisen und Ursprünge uns nicht oder nur ungenügend bekannt sind. Funk ist einer der Dinge, die uns täglich begleiten und uns das Leben erleichtern. Von der nachmittäglichen Hitparade, dem beliebten Fernsehen über das Handy bis hin zur elektronischen Türklingel sind wir unsichtbar vom drahtlosen Netz umgeben und genau das ist unser Hobby. Wir sind Kraftfahrer, Lehrer, – natürlich auch Schüler – Polizisten, Elektriker, Ingenieure, Professoren, Rentner… Tagsüber gehen wir unseren Berufen nach, aber wenn sich abends halb Deutschland vor die „Röhre“ hockt, dann sitzen wir an unseren Sendern und gehen auf “Kurzwellenjagd”, nehmen Kontakt auf zu Gleichgesinnten in aller Welt. Funkamateure sind keine besondere Spezi Mensch, sondern technisch interessierte Leute, denen die Neugier und die Freude am Unerwarteten nicht abhanden gekommen ist; die auch in Neuseeland und in Singapur Freunde haben und sich ihre Kontakte auf ausstellungsverdächtigen Karten quittieren lassen. Zu ihnen gehören auch Bastler, die sich mit Antennen, Messgeräten und den Möglichkeiten der modernen
Amateurfunksatelliten beschäftigen.

Historisches

Es ist erst gut hundert Jahre her, dass es im Jahr 1888 dem deutschen Physiker Heinrich Hertz zum ersten Mal gelang, elektronische Schwingungen zu erzeugen und in einiger Entfernung wieder zu empfangen. 1897 begann mit Guglielmo Marconi die Geschichte der „Telegrafie ohne Draht“. Erst mit der Erfindung der Braunschen Röhre als Verstärker entstand 1923 die drahtlose Funktechnik mit einer rasend schnell sich entwickelnden „Unterhaltungselektronik“ (Rundfunk und Fernsehen). Die ersten kommerziellen Stationen benutzten damals Frequenzen unterhalb von 1,5 MHz (man würde heute Mittelwelle dazu sagen) und man gab die Frequenzen darüber (Kurzwelle) als „unbrauchbar“ für Funkamateure frei. Am 27. November 1923 wurde die erste zweiseitige Funkverbindung auf kurzen Wellen zwischen einem amerikanischen und einem französischen Funkamateur hergestellt und zwar auf einer Wellenlänge von etwa 110 Meter, das sind etwa 2,7 MHz. Das war, was die Funkamateure damals noch nicht wussten, die Geburtsstunde der Kurzwellenfunktechnik. Denn es stellte sich bald heraus, dass man auf den kurzen Wellen mit einem Bruchteil der Energie auskam, die die kommerziellen Großstationen auf den langen Wellen brauchten. Die Funkamateure waren es also, die diese Eigenschaft der Kurzwellen entdeckt hatten! Man kann sich vorstellen, was passierte: Die „amtlichen“ und „kommerziellen“ Funkstellen prüften die Entdeckung der Funkamateure nach, gaben ihre Riesenstationen auf, siedelten sich auch auf den kurzen Wellen an und ersparten sich auf diese Weise Millionenbeträge wegen der viel einfacheren Antennen und geringeren Leistungen, die auf Kurzwelle nötig waren. Es musste unbedingt etwas getan werden, wenn man ein Frequenz-Chaos vermeiden wollte. Die Interessierten der Erde traten deshalb im Jahre 1927 zu einer Konferenz zusammen und verteilten die kurzen Wellen (das sind die Wellen von 100 Meter bis etwa 10 Meter herab) unter den staatlichen und kommerziellen Funkstellen und überließen den Funkamateuren mehrere schmale Bereiche in der Nähe von 160, 80, 40, 20, 15 und 10 Meter Wellenlänge. Das Ergebnis dieser Konferenz wurde in einem schriftlichen internationalen Vertrag niedergeschrieben, der als Internationaler Fernmeldevertrag noch heute Gültigkeit hat. Der Amateurfunkdienst war amtlich anerkannt und als gleichberechtigter Funkdienst festgeschrieben.

Was ist nun Amateurfunk?

Amateurfunk ist grundsätzlich ein Hobby. Das bestimmt das Gesetz über den Amateurfunk von 1997. Danach ist ein Funkamateur jemand, der sich aus purer Neigung mit dem Amateurfunk beschäftigt ohne kommerzielle Interessen zu verfolgen. Zu den typischen Aktivitäten von Funkamateuren zählen z.B.: Der Selbstbau und der Betrieb von Sende-, Empfangs- und Antennenanlagen. Funkbetrieb mittels verschiedener  Betriebstechniken (Sprechfunk, Telegrafie, Fernsehen Funkfernschreiben, digitale Bild- und Datenübermittlung. Die Sprache im Amateurfunk ist grundsätzlich offen, d.h. dass jedermann Sendungen von Funkamateuren aufnehmen kann und darf.

Wer darf Amateurfunk betreiben?

Der Empfang von Amateurfunksendungen ist jedermann gestattet, ohne dass es einer besonderen Genehmigung bedarf. Empfänger für die Amateurfunkbänder sind im Fachhandel erhältlich. Um auch selbst senden zu dürfen, benötigt man aber eine entsprechende Lizenz der Bundesnetzagentur. Diese Lizenz erhält man, wenn man erfolgreich eine Prüfung abgelegt hat und ein Rufzeichen zugeteilt wurde. Unter diesem Rufzeichen ist die Sendestation dann weltweit eindeutig identifizierbar. Man gehört dann zu den über 74.000 Amateurfunkstellen in der Bundesrepublik und kann mit den über 2.6 Millionen Funkamateuren aller Länder Kontakt aufnehmen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es zwei Zeugnisklassen, die Klasse A und die Einsteigerlizenz E. Mit der Klasse A ist man berechtigt mit maximal 750 Watt auf allen Amateurfunkbändern zu senden. Mit der Zeugnisklasse E darf man mit verringerter Leistung auf Ultrakurzwelle und einigen Kurzwellenbändern den Funkbetrieb aufnehmen. Die notwendige Sendeeinrichtungen können entweder selbst gebaut sein oder können gekauft werden. Mit dem Selbstbau steht es den lizenzierten Funkamateuren offen, eigene Ideen und Techniken zu erproben. Bedingung ist natürlich, dass die einschlägigen technischen Bestimmungen eingehalten werden und von der Anlage keine Störungen ausgehen. Zur Durchführung des Amateurfunks stehen verschiedene Frequenzbänder im Langwellen- und Kurzwellenbereich und auf Ultrakurzwelle (UKW), sowie auf weiteren hochfrequenten Wellenbereichen zur Verfügung, die speziell zu diesem Zweck freigehalten werden. Amateurfunk kann von zu Hause aus betrieben werden, von Fahrzeugen aus (Mobilfunk), unterwegs zu Fuß (Handfunk) oder von unbemannten fest montierten automatischen Anlagen aus (Umsetzer). Jeder Funkkontakt mit einem anderen Funkamateur wird mit einer sogenannten QSL-Karte bestätigt, die sich jeder Amateur nach eigenen Entwürfen drucken lässt.

Wie läuft der Amateurfunk ab?

Kontaktversuche über Funk richten sich entweder an anonyme Partner, an andere Clubmitglieder oder an einen speziellen Funkamateur. Allgemeine Anrufe können von beliebigen anderen Funkamateuren aufgefangen und beantwortet werden. Manchmal entwickelt sich aus einem solchen kurzen Gespräch eine dauerhafte Freundschaft. Beliebt sind auch die so genannten Runden. Diese treffen sich auf einer vereinbarten Frequenz zu einer ausgemachten Zeit und tauschen dort das jeweils Neueste zum Hobby, zur Familie und zu allem Anderen aus. Auf diese Weise halten viele Funkamateure, die es in die ferne weite Welt verschlagen hat, Kontakt mit ihrer Heimat. Ein reger Austausch zwischen einzelnen Funkamateuren findet auch in einem eigenen digitalen Netz statt, das ähnlich dem Internet mittels Funk über verbundene Computeranlagen von Funkamateuren aufgebaut, betrieben und unterhalten wird. Auch das Internet wird von Funkamateuren gern benutzt, so erlaubt es die Software EchoLink® lizenzierten Funkamateuren mit anderen Amateur-Stationen über das Internet zu kommunizieren, unter Verwendung der Voice-over-IP (VoIP) Technologie. Das Programm erlaubt weltweite Verbindungen zwischen Funkstationen, oder zwischen Computer und Funkstationen und erweitert fantastisch die Kommunikationsmöglichkeiten. Eine sehr große Gruppe von Funkamateuren befasst sich fast ausschließlich mit dem Funkverkehr über sehr große Entfernungen. Dieser DX-Verkehr – wie er genannt wird – bietet in der Tat Reize, die dem Amateurfunkverkehr innerhalb Deutschlands und Europa verschlossen bleiben müssen. Denn gerade hierbei kann man Menschen, Länder und Kulturen kennen lernen von denen ein ahnungsloser Laie kaum den Namen kennt. Und hauptsächlich beim DX-Verkehr kann man die von vielen Funkamateuren so begehrten Diplome und Auszeichnungen erwerben, die dann u.a. den Wandschmuck der Funkstation bilden. Zurzeit existieren 339 Gebiete mit Amateurfunkstatus und es ist das Bestreben eines jeden “DXers” einmal alle Länder bestätigt zu haben! Leider sind nicht alle Gebiete bewohnt und es bedarf jahrzehntelanger Arbeit einmal „full house“ zu erreichen. Übrigens, auch der Heilige Stuhl im Vatikan betreibt eine Amateurfunkstation mit dem Rufzeichen HV3SJ.

Wenn auch die moderne Satellitentechnik den kommerziellen Kurzwellenfunk fast vollständig verdrängt hat, so hat der Amateurfunk jedenfalls noch heute seine Existenzberechtigung und seine hilfreichen Vorteile. Auch waren Funkamateure die ersten, die ein funktionierendes Notfunknetz nach der Erdbebenkastastrophe in Pakistan und nach dem verheerenden Tsunami im Indischen Ozean aufbauen konnten. So sind es indische Funkamateure gewesen, die auf den Andamanen u. Nicobaren der Regierung sofort ihre Funkgeräte zur Verfügung stellen konnten, die mit Hilfe von Akkus betrieben wurden. Als Dank für diese Unterstützung fand auf den Inseln vom 18. bis 20. April 2006 eine internationales Amateurfunktreffen statt, an dem auch deutsche Funkamateure teilnahmen. Weltweite Beachtung fand auch letztlich ein Experiment am 3. Februar 2006, als ein mit einem Amateurfunksender bestückter ausgedienter Raumanzug (SuitSAT) von der internationalen Raumstation ISS in den Weltraum ausgesetzt wurde. Selbst so angesehene Zeitungen wie die “Washington Post”, die “New York Times” und “The Times” aus London, sowie ARD und das ZDF berichten darüber in den Hauptnachrichten. Inzwischen ist die private Nutzung der Funktechnik nicht mehr – wie jahrzehntelang – das Privileg von uns Funkamateuren, sondern ist in Form diverser Konsumartikel zum jedermann zugänglichen Allgemeingut geworden. Nach wie vor ist es aber immer noch das Privileg der Amateure diese Technik selbst zu entwickeln, aufzubauen und sie für uns und andere transparent zu machen und mit ihr eigenverantwortlich zu experimentieren. Es ist nicht zuletzt dieser Aspekt, der trotz aller Wandlungen auch weiterhin den gesetzlich geregelten Status des Funkamateurs rechtfertigt und auch dessen Reiz ausmacht.

Quelle:
Dieser schöne Text stammt von Reiner Schloßer, DL7KL, und ist im Original auf der DARC Webseite auf dieser Seite abrufbar: